Die Selbstdarstellung der Firma C. Woermann und des Afrikahauses
Besucht man heute die Website der Woermann-Gruppe, so springt einem neben einer Collage, welche die Außenfassade des Afrikahauses im Laufe der Zeit zeigt, direkt ein dick hervorgehobener Satz ins Gesicht:
„Mit technischem Know-how in Afrika zuhause. Seit 1837.“
Aus all den Informationen auf der Website sticht besonders dieser zentrale Spruch heraus. Beim Betrachten des Internetauftrittes wird so deutlich, dass das Unternehmen den afrikanischen Kontinent als zweites „Zuhause“ betrachtet. Man sehe davon ab, dass diese Formulierung einen gesamten Kontinent mit zahlreichen verschiedenen Ländern verallgemeinernd aufgreift. Davon, dass man einen gesamten Kontinent als Domus bezeichnet, obwohl das Unternehmen selbst nur in wenigen Ländern Afrikas aktiv ist. Die Rede von dem einen Afrika ist eine eurozentrisch verzerrte Darstellung des afrikanischen Kontinents, die in engem Zusammenhang mit der kolonialen Expansion Deutschlands steht. Wenn man eben dieser gedenkt, dann verleiht diese Formulierung dem Ganzen einen faden und zynischen Beigeschmack.
Kommunikation
Der Teil der Website, der die aktuellen Aktivitäten des Unternehmen präsentiert, kommuniziert auf eine ähnliche Art und Weise.
Mit einem Bild der Chefetage, ausschließlich aus alten weißen Männern bestehend, wird hier von einer engen Beziehung geschrieben. Man habe „persönliche, langjährige Erfahrung auf den afrikanischen Märkten und agiere dadurch partnerschaftlich und auf Augenhöhe mit den Kunden und Mitarbeitern vor Ort“.
In Anbetracht der Unternehmensgeschichte verstärkt diese Formulierung die vorherigen Empfindungen. Die Unternehmensgeschichte wird als Erfolgsgeschichte erzählt, die Beteiligung am Kolonialgeschehen unter den Teppich gekehrt.
Die Selbstdarstellung der Firma Woermann lässt den Glauben an einen wirklichen, ehrlichen Kontakt auf Augenhöhe kaum zu. Vielmehr sieht es so aus, als würden sämtliche historische Fakten und gegenwärtige Debatten um die deutsche Kolonialzeit und ihr Erbe bewusst ignoriert – dies nun schon seit fast einem Jahrhundert, generationenübergreifend. Schickt es sich nicht? Wäre eine offene Auseinandersetzung mit der eigenen Beteiligung am Geschehen nicht profitabel?
Von Architektur und historischen Eckdaten
Die Website des Afrikahauses verstärkt den Eindruck eines vergebenen Dialogs. Die Seite zur Geschichte des Hauses berichtet ausschließlich von dessen architektonischen Eigenheiten, sowie der Entstehung und Sanierung dieses „denkmalgeschützten Ensembles“.
Unter dem Titel „Leinen, Passagiere, Generatoren – die lange Geschichte von C. Woermann“ findet man auf der Woermann-Website eine ähnliche Form der Erzählung: schlaglichtartig wird die Geschichte des Unternehmens seit seiner Gründung erzählt, wobei einzelne, firmenhistorisch bedeutsame Ereignisse isoliert werden und eine historische Kontextualisierung größtenteils fehlt.
Besonders ins Auge fallen die Darstellungen der Jahre 1914 bis 1920: in diesen führt das Unternehmen Schäden aufgrund äußerer geschichtlicher Entwicklungen auf. So habe der Erste Weltkrieg einen Verlust aller Investitionen und vieler Schiffe bedeutet, 1917 habe der Verkauf restlicher Anteile der damaligen Woermann-Linie und der Beteiligung an der Deutschen-Ost-Afrika-Linie begonnen.
1920 wird wiederum als Neuanfang nach dem Ersten Weltkrieg erzählt, bei der eine Teilung des Unternehmens in die Geschäftsbereiche Westafrika, Angola und Südwest-/Ostafrika erfolgte. Ein Bezug zum Ende der deutschen Kolonialherrschaft auf dem afrikanischen Kontinent im Zuge des Versailler Vertrages wird nicht hergestellt.
Die vom damaligen Firmenmitinhaber Adolph Woermann maßgeblich mit konzipierte Kolonialpolitik und die Schlüsselrolle, die diese für den Erfolg des Unternehmens innehatte, wird mit keinem Wort erwähnt.
Mit Blick in die Zukunft
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine kolonialismus- und rassismuskritische Auseinandersetzung des Unternehmens mit seiner Geschichte an den genannten Stellen nicht stattfindet. Eine Erwähnung der Folgen, vor allem von Adolph Woermanns Bestreben, wird auf keiner der Websites gefunden. Stattdessen werden kurze Beschreibungen der eigenen Geschichte vorgenommen und durchaus interessante Bilder des Afrikahauses im Wandel der Zeit präsentiert.
Gerade im Hinblick auf die Aktualität der Debatten um Rassismus und Aufarbeitung der deutschen Kolonialzeit lassen die Darstellungen hier zu wünschen übrig. Eine offene Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle in der deutschen Geschichte würde hier nicht nur einen weiteren Grundstein für die Aufarbeitung dieser auf Unternehmensebene legen. Sie würde außerdem ein Beispiel statuieren und weitere Unternehmen, die einen ähnlichen, wenn nicht sogar gleichen Werdegang teilen, gegebenenfalls zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen Historie ermutigen.